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Landes-Heimat-Preis 2023

Landes-Heimat-Preis 2023
für den Verein stadtstreifen e.V. in Bonn

„Stadttouren - geführt von aktuell oder ehemals obdach- bzw. wohnungslosen Menschen“: Der Preisträger-Verein „stadtstreifen e.V.“ in Bonn eröffnet durch die von Betroffenen selbst durchgeführten Stadttouren neue und andere Perspektiven auf Heimat und Beheimatung.

Heimat-Orte sind eng mit dem Gefühl der Zugehörigkeit verbunden. Es sind die Orte, die uns Geborgenheit bieten, ein soziales Netzwerk, ein Gefühl der Sicherheit, Stabilität und Entspannung. Wenn eine Person wohnungs- bzw. obdachlos ist, fehlt ihr nicht nur der feste Wohnsitz, sondern in der Regel auch ein Ort der Zugehörigkeit und Identität. Wie gelingt es Menschen ohne festen Wohnsitz eine Verbindung zu ihrer Umgebung aufzubauen? Wie gehen sie mit Gefühlen von Isolation und Entwurzelung um, wo finden sie Ressourcen der Sicherheit und des temporären Wohlbefindens?
Diese etwas andere Perspektive auf Heimat ermöglicht seit April 2021 das Projekt „Stadtstreifen Bonn“, ehrenamtlich initiiert von zwei Studierenden. Ihre Idee: Aktuell oder ehemals ob-dach- oder wohnungslose Menschen, die „Stadtstreiferinnen“, führen Interessierte auf speziellen Touren durch Bonn. Dabei werden nicht die klassischen Sehenswürdigkeiten vorgestellt, sondern Orte, die für obdachlose Menschen wichtig sind. Die Stadtführungen geben den Betroffenen eine Stimme und schaffen zugleich Raum für Dialog. Der Teilnahmebetrag ist mit 6,- Euro für erwachsene Personen (ermäßigt 4,- Euro, Kinder frei) bewusst niedrig gehalten, um möglichst vielen Personen die Teilnahme zu ermöglich.
Den beiden Studierenden gelang es beispielhaft und in Rekordzeit jenen Rahmen zu schaffen, den ein solches Projekt braucht, um einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu werden. Zunächst an die AIDS-Initiative Bonn e.V. angeschlossen, konnte ein Kontakt zu einer (ehemalig) Wohnungslosen hergestellt werden, die seither regelmäßig Stadtführungen in Bonn leitet. 2022 wird aus dem Projekt ein eigener Verein mit professioneller Webseite für die Tourenbuchungen, unterstützt durch das Bonner Spendenparlament (unter dem Motto: „mitspenden. mitentscheiden. mithelfen“ richtet der Verein sein Augenmerk auf soziale Vorhaben, die die Not der Menschen lindern, die von Armut, Isolation, Wohnungslosigkeit, Krankheit oder Behinderung in Bonn betroffen sind.) Das Projekt wird so gut angenommen, dass mittlerweile über 500 Teilnehmende bei den Sonntagstouren und weitere 200 bei Gruppentouren von Schulen und anderen interessierten Gruppen Gelegenheit erhielten, vertraute Orte, Straßen und Plätze neu und anders kennenzulernen.
Ein ehrenamtlich getragenes Projekt, das eine breite Anerkennung verdient und positiv die Auseinandersetzung mit Heimat befördert. Berührungsängste und eigene Vorurteile werden abgebaut, die Möglichkeit zur Begegnung von in sonst sehr weit voneinander existierenden Alltagen geboten.
Zugleich entsteht ein neuer Blick auf Heimat, der selbst alteingesessenen Bonnerinnen und Bonnern bisher oft verborgen blieb.

„Dieses Projekt weitet den Blick auf Heimat. Es eröffnet Perspektiven, die für die meisten ungewohnt und neu sind. Fast alle Menschen kennen und haben vertraute Orte, die ihnen Heimat sind. Hier stehen jedoch nicht die klassischen, der Mehrheit vertrauten „Heimat-Orte“ im Mittelpunkt. Das Bonner Projekt von stadtstreifen e.V. zeigt, dass Heimat auch auf ganz anderen Pfaden seine Zuschreibung finden kann.
Die Stadtstreifen und ihre Stadttouren führen zu Wegen, Plätzen und Orten, die für wohnungslose oder ehemals wohnungslose Menschen Beheimatung sind oder waren.
Somit erlaubt dieses Projekt neue, andere Heimaten zu entdecken und zu verstehen. Menschen, die leicht Gefahr laufen, stigmatisiert zu werden, werden ermutigt, sich zu zeigen. Jene, die oft übersehen werden oder von manchen auch nicht gesehen werden wollen, laden als Spezialistinnen und Spezialisten ein, sich ein Bild von ihrer Welt zu machen, die ihnen Heimat ist. Sie führen, andere folgen ihnen und lernen, ihre Stadt und auch das Miteinander mit an-deren Augen zu sehen. Barrieren fallen.
Während der Führungen kommen Menschen und Heimaterfahrungen zusammen, die ohne die Stadtstreifen wohl so nicht zueinander finden würden. Dieses ehrenamtlich organisierte und in der Stadt Bonn gut vernetzte Projekt fördert Zugehörigkeit zur Stadtgesellschaft, es fördert Diskussionen im kommunalen Raum, innerhalb einer städtischen Gesellschaft, die sich sonst an vielen Stellen entlang sozialer Zugehörigkeiten und unterschiedlichem Status aufspaltet und trennt.
Durch die Bonner Stadtstreifen können die Herausforderungen eines Lebens auf der Straße erfahren und besser verstanden werden. Die Jury schätzt das Projekt als beispielgebend und gut übertragbar auch auf andere Kommunen ein. Für ein partizipatives Heimatverständnis, das Menschen zu Akteurinnen und Akteuren ihrer Heimat macht. Für ein Heimatentdecken, das neue Perspektiven und neues Verständnis hervorrufen und das Miteinander stärken kann.“

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Landes-Heimat-Preis 2023
für den Verein forum JUGEND! e.V. in Dortmund

„Heimat: Gestern und Morgen!? - Eine Momentaufnahme einer diversen Generation“:

Der Preisträger-Verein „forum JUGEND! e.V.“ aus Dortmund und die beteiligten Jugendlichen sowie die jungen Erwachsenen setzen Akzente. Das Ausstellungsprojekt führt auf den ersten Blick zu uneindeutigen Heimat-Bildern und Botschaften - aus Dortmund und darüber hinaus – und unterstreicht die Vielfalt und Vielschichtigkeit von Heimat.

Ein Supermarkt, ein Balkon, ein Straßenmusiker, eine Landschaftsaufnahme – Entstand die Aufnahme in Dortmund oder Istanbul? In Nordrhein-Westfalen oder Marokko? Erst durch um-drehen der präsentierten Fotos erhalten Besucherinnen und Besucher der Foto-Wanderaus-stellung „Heimat: Gestern und Morgen - Eine Momentaufnahme einer diversen Generation“ Antworten auf diese durch die Bilder angeregte Fragen.
Mit dem Projekt erhielten Jugendliche aus verschiedenen Ländern, die seit einiger Zeit im Ruhrgebiet leben, die einzigartige Möglichkeit, ihre Perspektive(n) auf Heimat(en) öffentlich zu präsentieren. Es zeigt die Vielfalt von Heimat, ihre Vielschichtigkeit und bietet überra-schende Ansichten auf Heimaten. Konzept und Idee des beispielhaften Projekts entstanden durch Kooperation des Vereins Frau Lose e.V. mit dem forum JUGEND! e.V. in Dortmund.
Professionell begleitetet durch einen Workshop, wurden die Jugendlichen zunächst in die Welt der Perspektiven und Gefühlsvermittlung durch das Fotografieren eingeführt. Mittels der Fotografie lernten sie dabei genau die Orte zu verbildlichen, die für sie Heimat bedeuten. Als Herzstück des Projekts entstand eine durch die Jugendlichen in Eigenregie gestaltete Foto-Wanderausstellung mit Fotos aus der alten und der neuen Heimat auf bunten Stellrahmen, die unter anderem im Dortmunder Westfalenpark und im Landtag Düsseldorf einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Dem preiswürdigen Projekt gelingt es nicht nur, auf innovative Weise die Auseinandersetzung mit dem viel diskutierten Heimatbegriff bei Jugendlichen anzuregen, die erst seit ein paar Jah-ren in Nordrhein-Westfalen leben. Die Ausstellung regt auch die Besucherinnen und Besucher zur Auseinandersetzung mit der Frage an, was die Jugendlichen mit Heimat verbinden und wo die jeweiligen Bilder aufgenommen worden sein könnten.
Selten erhalten Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte die Gelegenheit, ihre Perspektive auf Heimat öffentlich erlebbar zu machen und darüber zu berichten, wie sich ihr Heimatbegriff gewandelt hat. Die Wanderausstellung thematisiert die Hoffnung der zugewanderten jungen Menschen, Heimat zu finden, auf einzigartige Weise und regt aktiv zum öffentlichen Diskurs an.

„Dem Dortmunder Projekt gelingt vieles: Zum Beispiel junge Menschen aus unterschiedlichen Ländern, die seit einiger Zeit im Ruhrgebiet leben, durch „Heimat: Gestern und Morgen“ zu eigenständigen und eigenwilligen Akteurinnen und Akteuren beim Entdecken, Interpretieren und Aneignen von Heimat und Heimaten zu machen!
Mit eigenen Augen, unterstützt und vermittelt durch das Objektiv ihrer Kamera, gingen diese jungen Mitglieder einer „diversen Generation“, so die Bezeichnung im Untertitel des Projekts, auf Heimatsuche. Die entstandenen Bilder - in einer Wander-Ausstellung zusammengestellt und präsentiert - widersetzen sich dem einfachen, unhinterfragten Heimatentdecken und sicherer Zuschreibung. Sie überraschen - und manchmal verwirren sie auch. Ist dies ein Foto aus Dortmund? Oder eine Szene aus Istanbul? Schablonen im Kopf helfen bei der Suche nach der Antwort nicht weiter. Gewohnte Seh-Kategorien werden aufgelöst. Der Blick auf die Heimat wird geweitet und neu justiert.
Heimat wird durch die Bilder der Jugendlichen vom vermeintlich einfach zu Entdeckenden, dem leicht Zuzuordnenden, zum Uneindeutigen, zum neu zu Entdeckenden. Es ist das Verdienst dieses Kooperationsprojektes, nicht nur neue Heimat-Aktive zu gewinnen, sondern sie zugleich zu selbstbewussten Akteurinnen und Akteuren des Heimatdiskurses zu machen. Das Gesamtprojekt und die Ausstellung als zentrales Produkt schaffen Partizipation junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Es schafft hervorragende Bilder und Diskussionsbeiträge, die Heimat(en) interessanter, fragmentierter und deshalb so viel mehr uneindeutiger erscheinen lassen als man es gemeinhin gewöhnt ist.
Das Projekt und seine Ausstellung schaffen, es eine Diskussion zu eröffnen, die es ohne das Projekt und seine Protagonistinnen und Protagonisten so nicht geben würde. Der deutliche Sieg bei der kommunalen Heimat-Preis-Abstimmung durch die Dortmunder Bevölkerung wie auch der Erfolg der Ausstellung weit über Dortmund und das Ruhrgebiet hinaus bekräftigen dieses Urteil der Landes-Jury!“

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Landes-Heimat-Preis 2023
für den Verein Dorfinitiative Allagen/Niederbergheim e.V. in Warstein

„3-Landschaftserlebniswelten Möhnetal“: Dem Preisträgerverein „Dorfinitiative Allagen/Niederbergheim e.V.“ in Warstein gelingen interessante Perspektiven und methodisch unterschiedliche Zugänge im Möhnetal. Durch den Skywalk Möhnetal, einem außerschulischen Lernort, speziell für Kinder angeleitete, digitale Enddeckungstouren mit dem Fuchs „Möhni“ sowie Wimmelbildern entlang des Radweges ermöglicht das Projekt besondere Landschaftserlebnisse.

Ein Projekt wie aus dem Heimat-Lehrbuch: Durch den Skywalk Möhnetal wurde mit außerordentlich starkem ehrenamtlichem Einsatz und zur Verfügung gestelltem Know-how (Der Ortsheimatpfleger hat das Projekt vom Entwurf über die Vermessung bis zur Bauleitung geplant und umgesetzt. Ein Geograf und ein Bautechniker haben ihre Leistungen kostenlos in das Projekt eingebracht) ein Fokus-Punkt geschaffen, der besondere und attraktive Zugänge zu einer markanten und einmaligen Landschaftsformation erlaubt.
Dieser herrliche Standpunkt allein ermöglicht bereits prägnante Ein- und Ausblicke auf die ein-malige Natur- und Kulturlandschaft des Möhnetals: Hier an der Nahtstelle einer europäischen Naturraumgrenze treffen nordwesteuropäisches Tiefland und mitteleuropäisches Bergland aufeinander. Der 78m über dem Tal schwebende Skywalk ist dabei Aussichtplattform wie Landmarke zugleich. Ein herausragendes Projekt in einer spektakulären Landschaftskulisse.
So einzigartig das Bauwerk jedoch auch ist, es bleibt sich und seinen Besucherinnen und Besuchern nicht selbst überlassen. Stattdessen: Das Bauwerk und seine Ausblicke werden auch digital vermittelt. Speziell für Kinder wurde eine eigene, erklärende Internetseite mit digitaler Kindertour inklusive Anleitung durch den pfiffigen „Fuchs Möhni“ geschaffen. Diese Internetseite ermöglicht eine zielgruppenspezifische Darstellung und kindgerechte Vermittlung von Landschaft, Kultur und Natur.
Methodische „Twins“ erlauben und ermöglichen stets Optionen: Sowohl digitale Zugänge als auch echtes Natur- und Landschaftserleben im Möhnetal. Das Entdecken auf eigene Faust und auf eigenen (Wander-) Wegen wird flankiert durch kompetente natur- und erlebnispädagogi-sche Konzepte und Partner (Landschaftsinformationszentrum, LIZ Möhnesee als außerschuli-scher Lernort und Vermittlungspartner).
Dank eines herausragenden ehrenamtlichen Engagements und der gekonnten „Heimat-Kunde“ kann Heimat im Tal der Möhne vortrefflich erlebt, erkundet und vermittelt werden.

„Dieser spezielle Heimat-Zugang im Möhnetal ist aus Sicht der Jury in mehrfacher Hinsicht preiswürdig: Der Ideen- und Entstehungsprozess des Vorhabens mit einer erkennbar ortsübergreifenden Vernetzung und das sehr starke ehrenamtliche Engagement bilden buchstäblich erst jenes Fundament, auf dem dann das Bauwerk des Skywalks und seine daran anschließen-den neuen Heimatzugänge anknüpfen.
Der Skywalk im Möhnetal war kein „schlüsselfertiges“ Objekt, sondern wurde von der Idee über konkrete Projektskizzen und -pläne bis hin zu den konkreten Arbeiten in ehrenamtlicher Regie der Dorfinitiative Allagen/Niederbergheim e.V. und stark engagierten Einzelpersonen organisiert und realisiert.
Aus Sicht der Jury wurden auf diese Weise einmalige „Heimat-Blicke“ auf das Möhnetal und seine unterschiedlichen Landschaftsformationen geschaffen. Einblicke und Eindrücke, die sich nach Belieben und durch unterschiedliche Zielgruppen vor Ort oder auch am Computer vertiefen und ausbauen lassen. Mit diesen hybriden Zugängen lassen sich Heimat, Natur- und kulturhistorische Geschichte bestens vermitteln.
Der Skywalk Möhnetal ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie man die umgebende Kulturlandschaft um eine weitere Landmarke sensibel erweitert (Hardware) und das Bauwerk zu-gleich mit digitaler und analoger „Software“ so ausstattet, das verschiedene Gruppen, darunter besonders Kinder und Jugendliche - u.a. unter Anleitung des „Fuchs Möhni“ -, ihren Spaß und ihr Interesse an Heimat und Landschaft entdecken können.
Die Jury des Landes-Heimat-Preises ist der Meinung, dass der Dorfinitiative Allagen/Niederbergheim e.V. mit dem Projekt „3-Landschaftserlebniswelten Möhnetal“ ein identitätsstiften-des Projekt für die Region gelungen ist. Der Skywalk in Verbindung mit den anderen Projektmodulen hat bereits jetzt eine Strahl- und Anziehungskraft über die Gemeinde- und Stadt-grenze hinaus erreicht, für die einheimische Bevölkerung wie auch für ihre Gäste.“

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